ÜBER DEN EINFLUSS VON RELIGIONEN AUF DAS DENKEN

Eine Reflexion von Jürgen P. Fuß

Koran

Koran / (C) Salih Ucar / pixelio.de

Haben Sie schon einmal über das Denken nachgedacht? Kann es überhaupt einen Sinn machen, über das Denken nachzudenken? Ich glaube schon, denn in der Tat ist es so, dass Menschen verschiedener Kulturen allein deshalb oft nicht miteinander reden können, weil sie unterschiedliche Formen des Denkens gelernt haben. Denn abhängig davon, wie man denkt, verschließen oder erschließen sich bestimmte Erkenntnisse.

Viele Bücher sind über das Denken geschrieben worden. In unserem westlichen Kulturkreis hat man lange gedacht – und denken viele noch heute – dass nur logisches Denken zum Erfolg führen könne, weil es die Grundlage der wissenschaftlichen Forschung sei.

So sehr diese Aussage der Wissenschaft und Technik zustimmen mag, so wenig hat sie sich unverändert auf alle anderen Bereiche unseres Lebens übertragen. Doch bevor wir uns mit dieser Behauptung weiter auseinander setzen, sollten wir zunächst noch die „Vorstufe“ des Denkens betrachten: das Rezitieren, obwohl es seiner Natur nach dem Denken konträr gegenübersteht.

REZITIEREN STATT DENKEN

Erinnern wir uns dazu kurz an unsere ersten Lebensjahre. Von Kindheit an – oder sagen wir genauer: mit dem Beginn unserer Schulzeit lernen wir, zunächst einmal nicht zu denken. Wir werden aufgefordert, bestimmte Sachverhalte so zu wiederholen, wie wir sie zuvor gesagt bekommen haben. Tatsächlich ist es auch sinnvoll, die Aussage des Lehrers „zwei plus zwei ist vier“ zu akzeptieren, ohne darüber nachzudenken.

Auch im weiteren Verlauf unserer Schulzeit mussten wir feststellen, dass Denken durchaus nicht immer gefragt war. Und das galt nicht nur für den Geschichtsunterricht, wo wir die Namen von Personen, sowie Orte und Daten „wichtiger Ereignisse“ auswendig lernen musste.

Und dann erinnere ich mich noch an meinen katholische Religionsunterricht. Die zehn Gebote habe ich Wort für Wort zur Kenntnis genommen, auswendig gelernt und akzeptiert, weil sie mir irgendwie plausibel erschienen. Bei den Schilderungen der Bibel über die Entstehung der Welt konnte ich aufgrund mangelnder eigener Erfahrungen nicht mitreden, habe sie also unreflektiert übernommen.

Später lernte ich dann, dass nicht alles in der Bibel wörtlich zu nehmen sei, sondern eher symbolischen Charakter habe. Ich war erleichtert und sah danach viele Schilderungen der Bibel mit anderen Augen, so auch die Schilderungen über die Wunder Jesu.

ANDERE RELIGIONEN SIND WENIGER TOLERANT

Erst viele Jahre später habe ich dann erfahren, dass es andere große Religionen gibt, die diese Toleranz gegenüber dem geschriebenen Wort nicht akzeptieren. Das würde mich nicht weiter beunruhigen, wenn nicht eine von diesen mit einem gefährlichen Sendungsbewusstsein ausgestattet wäre: der Islam mit seinem Koran und den Hadithen.

Getragen von der Überzeugung, dass die Europäer kein Gott gefälliges Leben führen, wollen sie Europa nachhaltig verändern. Den Schlüssel zum rechten Leben hat nur der Islam – denken sie! Also ist es für uns an der Zeit, sich mit dem Islam und seinem Lehrbuch – dem Koran – auseinander zusetzen. Pardon, das darf man so nicht sagen!

Den Koran hat man in sich aufzunehmen und (unreflektiert) zu übernehmen. Erst vor wenigen Tagen las sich in einem Kommentar zu einer Rezension die dringende Empfehlung: „wenn trotz Lesen des Korans Fragen zum Islam auftreten, sollte man Gelehrte, die den Koran … auswendig können, aufsuchen bzw. kontaktieren.“

KORAN: AUF EIGENE FAUST ANTWORTEN ZU SUCHEN, IST GEFÄHRLICH

Einmal ungeachtet der Tatsache, dass ich schon bei den ersten Versen Verständnisprobleme habe, scheint eine der wichtigsten Voraussetzungen für einen Koran-Gelehrten zu sein, dass er den Koran auswendig kann. Vor Jahrzehnten / Jahrhunderten mag eine solche Bedingung ihren Sinn gehabt haben. Aber bisher glaubte ich immer, den Zugriff auf lange Texte dadurch erleichtert zu bekommen, dass es Fundstellenverzeichnisse gibt!

Während meines Studiums habe ich dagegen gelernt, dass zu viel Auswendiglernen das Denken behindern kann! Für die Bibel weiß ich von solchen Fundstellenverzeichnissen, ganz zu schweigen von den heutigen Methoden der Volltext-Recherche mittels Computern. Doch um Fragen zum Koran oder Islam beantwortet zu bekommen, kann ich mich nicht selbst auf die Suche begeben, sondern habe einen Koran-Gelehrten aufzusuchen bzw. zu kontaktieren?

Erst vor wenigen Tagen fand ich eine andere Quelle, bei der eindringlich vor den Gefahren (!) gewarnt wurde, wenn man z.B. die Suchmaschine Google eigenständig benutze, um Antworten auf offene Fragen zum Koran zu finden. Aber auf welchem Weg habe ich diesen Artikel gefunden? Richtig, durch Eingeben eines bestimmten Suchbegriffs – natürlich in der Suchmaschine Google! Zum Inhalt dieser Warnmeldung lesen Sie bitte die Fußnote.

ISLAMISCHE RELIGION PRÄGT DAS DENKEN IN ALLEN LEBENSBEREICHEN

Wenn die Begegnung mit Religion überwiegend darin besteht, Hunderte von Versen auswendig zu lernen, ohne deren Sinn vollständig oder zumindest in Ansätzen zu verstehen, um sie danach auswendig rezitieren zu können, darf man sich nicht wundern, dass ein Dialog mit anderen Gläubigen nahezu ausgeschlossen ist.

Doch das ist nicht das größte Problem mit einer Religion, die das “Denken“ in allen Lebensbereichen prägt. In den mehr als sechs Jahren, in denen ich in einem muslimisch geprägten Land gelebt habe – konnte ich beobachten, wie problematisch es ist, wenn Menschen von Kindheitstagen an im Rezitieren und „Nicht-Denken“ trainiert werden.

Wenn junge Menschen schon bei der allgegenwärtigen Religion vermittelt bekommen, dass Sachverhalte nicht durch den Einzelnen hinterfragt, sondern nur von auserwählten Gelehrten erklärt werden können, resultiert daraus ein Verhaltensmuster, dass das gesamte Leben prägt.

So verfestigt sich im Laufe der Jahre die Überzeugung: Es gibt nur wenige Menschen, die die Komplexität der Welt verstehen und deshalb als Führer auserkoren sind. Allein deshalb ist der Einzelne weder berechtigt noch in der Lage, über sein Leben und das was er tun muss, zu entscheiden.

Allein die Älteren, die Eltern, Verwandte, ältere Geschwister und Vorgesetzte besitzen genügend Lebenserfahrungen, um solche Entscheidungen treffen zu können. Sich diesen Entscheidungen widersetzen zu wollen, kann nur ins Verhängnis führen! Also akzeptiert man Empfehlung für die Berufswahl, die arrangierte Ehe oder wählt Politiker, ohne genau zu wissen, welche Politik sie überhaupt verfolgen.

KANN ES EINE LÖSUNG GEBEN?

Wer eine Lösung sucht, muss zunächst einmal erkannt haben, dass es ein Problem gibt. Und genau das ist das Problem in den meisten islamisch geprägten Gesellschaften und Staaten! Wenn das Schul-und Bildungssystem darauf ausgerichtet ist, Menschen so zu formen, dass sie in erster Linie Dinge auswendig lernen, und erst dann entlang einer Linie denken, wobei sie ständig prüfen müssen, ob die Vorgaben des Koran beachtet werden, kann man keinen nachhaltigen Veränderungen erwarten.

Aber warum sollte man dieses System überhaupt ändern? Für die Älteren und Privilegierten würden sich doch daraus nur Probleme ableiten, wenn sie sich mit den Jüngeren und deren neue Gedanken auseinander setzen müssten. So stabilisiert sich das System aus sich selbst heraus und kann sogar Demokratie, sowie Presse- und Meinungsfreiheit tolerieren. Vorausgesetzt, es werden die richtige Partei gewählt und die richtige Meinung geäußert!

Aber sollte das ausnahmsweise einmal nicht funktionieren und Widerstand öffentlich sichtbar werden, muss man diesem mit Gewalt begegnen. Das haben uns die Entwicklungen beim sogenannten arabischen Frühling ebenso deutlich gemacht, wie der schon seit längerem im Rampenlicht stehende türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan!

So lange in einem Staat der Islams das Denken und Fühlen sowie direkt oder indirekt die Politik bestimmt, kann er sich nicht in die Europäische Union integrieren. Darüber können auch verbale Erklärungen wie Toleranz und Dialog oder ein Bekenntnis zur bestehenden Verfassung allein mit der Zunge hinweg täuschen!


„Fuß“note:

‚Scheich Google‘ – Der neue Umgang mit (religiösem) Wissen

Veröffentlicht am 28. November 2013 in dem Gülen-nahen Magazin Die Fontäes

Die Nutzer von Daten aus dem Internet sind davon überzeugt, dass die von ihnen verwendeten Informationen der Wahrheit entsprechen.

Allerdings präsentieren das Internet und die entsprechenden Suchmaschinen reine Informationen, ohne zu wissen, wer warum und mit welcher Intention die entsprechenden Daten eingestellt hat.

Gleichzeitig wird dem Nutzer ein anderer, vielleicht eigentlich besserer oder zumindest gleichwertiger Wahrheitsanspruch vorenthalten. Diese Wissensmonotonie schränkt die Zahl der möglichen Versionen von Sichtweisen auf das Leben ein und führtwomöglich dazu, dass sich dogmatische Meinungen gesellschaftswirksam durchsetzen. @

http://diefontaene.de/scheich-google-der-neue-umgang-mit-religiosem-wissen

Hinterlasse einen Kommentar